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Leiterin Sigrid Zederbauer

Fürsorge bis zur letzten Stunde

Ein Interview über die Betreuung von älteren Bären mit Sigrid Zederbauer, Leiterin im BÄRENWALD Arbesbach

9.8.2018

Sigrid Zederbauer arbeitet seit 17 Jahren für VIER PFOTEN. Als Leiterin des BÄRENWALD Arbesbach kennt sie die derzeit sieben dort lebenden Bären wahrscheinlich so gut wie sonst keiner. Drei der derzeitigen Bewohner sind bereits rund 30 Jahre alt - ein wirklich stolzes und teilweise auch beschwerliches Alter, das nur Bären unter menschlicher Obhut erreichen.

Wo liegen die Herausforderungen in der Haltung und Pflege älterer Bären?

Mit fortschreitendem Alter werden Bären inaktiver. Aber natürlich bringt oft gerade weniger Bewegung weitere gesundheitliche Probleme mit sich. Für mich ist daher die größte Herausforderung, eine Balance zu finden; das heißt alten Bären einerseits eine stimulierende Umgebung zu schaffen, andererseits sie nicht zu überfordern.

Würden die Tierpfleger alle Enrichment-Objekte entfernen, um ihnen Ruhe zu geben, würde sich ihre gesundheitliche Situation und ihr generelles Wohlbefinden wohl schnell verschlechtern. Wenn man sie mit der Umgebung zu sehr fordert, könnte es aber wiederum schnell zu viel sein. Und leider gibt es kein allgemeingültiges Rezept dafür. Man braucht schon viel Wissen und Erfahrung, muss die Bären ständig beobachten und ihnen das maßgeschneiderte Angebot für ihren spezifischen Charakter machen.

Du warst von Beginn, seit der Ankunft der Bären, dabei. Wie sehr haben sie sich seither verändert?

Wenn Bären in ihre neue Umgebung kommen, ist alles irgendwie „aufgeladen“, sie sind in den ersten Tagen oft nervös, leider manchmal auch ängstlich und gestresst. Sobald sie erste Fortschritte bei der Eingewöhnung machen und verstehen, dass wir ihnen nichts Böses wollen, sondern ihnen im Gegenteil ein besseres Leben bieten wollen, fassen sie langsam, aber sicher Vertrauen in die neue Situation. Und diese Entwicklung schreitet dann voran.

Wir arbeiten eng mit den Tieren zusammen, entwickeln sogar eine gewisse Beziehung zu ihnen, obwohl Bären von ihrer Natur her dafür eigentlich nicht geschaffen sind. Mit jenen Bären, die wir schon sehr lange kennen, ergeben sich für uns manchmal auch sehr intime Momente, in denen man das Gefühl hat, man versteht einander wirklich. Das sind die wirklich großartigen Momente unserer Arbeit.

Brauchen die Bären eine spezielle Behandlung?

Einige Bären bekommen spezielle Medikamente, die ihnen besonders bei altersbedingten Problemen helfen. Manche erreichen ein hohes Alter in guter Verfassung und brauchen gar keine besondere Behandlung. Allerdings ist es nicht nur eine Frage der Medikamente, die wir verabreichen; manchmal ist es spezielle Ernährung oder Nahrungsergänzung, die ihnen hilft. Wir steigern gerade bei alten Bären auch immer unser „Wohlfühlangebot“. Das kann eine besonders dicke Strohschicht oder eine eigene Gummimatte in der Winterhöhle sein, die ihnen eine isolierte und auch weichere Unterlage bieten.

Gibt es noch etwas, das für dich wichtig ist zu erwähnen?

Wir wollen natürlich, dass unsere Tiere so lang wie möglich leben, nachdem wir sie gerettet haben. Als ich vor 17 Jahren begonnen habe, für VIER PFOTEN zu arbeiten, hat es uns immer sehr mitgenommen, wenn ein Bär alt wurde, seine Gesundheit schlechter wurde, wir ihn untersuchen ließen und schließlich zum Schluss kamen, dass es besser für ihn war, wenn wir ihn von seinem Leiden erlösen. Wir waren einfach nicht vorbereitet für diese sehr schwierige Seite unseres Jobs.

Seither haben sich aber die Entscheidungsprozesse und die interne Kommunikation stark verbessert. Wir wissen jetzt, dass selbst das Organisieren eines würdevollen Sterbens ein wirklich wichtiger Teil von Tierschutzarbeit ist. Einfach nur zu warten, bis das natürliche Ende das Leiden beendet, kann sehr grausam sein. Ich weiß jetzt: Wenn die Gesundheit schlechter wird, das Tier schon sehr alt ist und auch keine Chance auf eine Verbesserung besteht, dann ist es unsere Aufgabe, für einen möglichst stressfreien Abschied zu sorgen. Das herauszufinden, war für mich ein seltsamer Prozess.

Denn wenn man immer nur daran denkt, Tiere zu retten, ihnen zu helfen, selbst glücklich darüber ist – dann möchte man nicht ans Ende denken. Fürsorge zu tragen, dass die allerletzten Tage und Stunden so schön wie möglich sind, ist ein wichtiger Akt und Teil unserer Arbeit.

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